Domowina setzt sich für sorbische und regionale Presse ein


Der Bundesvorstand der Domowina hat auf seiner Beratung am Freitag, 23.9., abends im Niedersorbischen Internat in Cottbus den Aufruf beschlossen und veröffentlicht, Vorschläge für die Wahl sorbischer Vertreter aus Sachsen in den Rat der Stiftung für das sorbische Volk in der Wahlperiode 2023-2027 bis 1. November einzureichen. Über die Vorschläge entscheidet der Bundesvorstand nach der Vorstellung der Kandidaten in öffentlicher Sitzung am 25. November in geheimer Abstimmung. Der Bericht über die Tätigkeit der bisherigen Stiftungsräte ist krankheitsbedingt ausgefallen.

Der erste Punkt der Tagesordnung war der Bericht des bisherigen Vertreters der Sorben im Rundfunkrat des RBB, Marcus Koinzer. Er äußerte den Wunsch, dass die Fernsehsendung „Łužyca”stes ein Magazin und nicht teilweise lediglich monothematisch gestaltet ist. Die Gewährleistung der Besetzung frei werdender Arbeitsplätze ist im sorbischen Radio eine ständige Herausforderung. Mit Blick auf die Ansprüche an die Berichterstattung im Internet ist es dem sorbischen Vertreter wichtig, dass das Studio Cottbus-Chóśebuz auch künftig mit keinem anderen Standort zu fusionieren braucht und selbstständdig bleibt.Für die Zeit bis 2027 wird der Domowina-Regionalverband Niederlausitz auf der Grundlage des Kooperationsvertrages mit dem Dachverband über die politische Arbeit in Brandenburg wieder einen Rundfunkrat vorschlagen, dessen Name das Präsidium im Auftrag des Bundesvorstandes dem Sender RBB bis 15.11. übermittelt.

Auf der Tagesordnung standen weiterhin die Abrechnung des Domowina-Haushalts für 2021, Informationen zu aktuellen Aspekten der Tätigkeit der Geschäftsstelle der Domowina und des WITAJ-Sprachzentrums und die Benennung von Vertretern der Domowina im Beratenden Ausschuss für Fragen des sorbischen Volkes beim Bundesministerium des Innern. Auf Vorschlag des Präsidiums berief der Bundesvorstand bis zum Ende der Wahlperiode im Jahr 2025 als ordentliche Mitglieder den Vorsitzenden der Domowina, Dawid Statnik, und die stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Hartmut Leipner und Marko Hantschick, und als Stellvertreter die Hauptgeschäftsführerin Judit Šołćina/Scholze, den Geschäftsführer Marcus Koinzer und die Referentin für Angelegenheiten des Dachverbandes, Madlena di Sarnowa. Außerdem werden in der nächsten Sitzung dieses Gremiums als Vertreter der sorbischen Jugend Maximilian Hasacki und Tim Schmidt (beide aus der Niederlausitz) mitwirken.

Im Rahmen der aktuellen Debatte hat der Vorsitzende der Domowina, Dawid Statnik, ein Positionspapier zur Situation der sorbischen und regionalen Presse vorgelegt (siehe Anlage), über das der Bundesvorstand lebhaft und teilweise kontrovers diskutierte. Unter der Überschrift „Domowina unterstützt sorbische und regionale Presse als Säule einer demokratischen Gesellschaft in der Lausitz – besondere Herausforderung bei den Sorben” positionierte sich Statnik anlässlich des dramatischen Personalmangels in den Redaktionen der niedersorbischen Zeitschrift „Nowy Casnik“ und der obersorbischen Abendzeitung „Serbske Nowiny klar: „Das schnelle Nachholen des Tarifs für sorbische Journalisten, der Maßstäben für diesen Beruf in Deutschland entspricht, ist dringend notwendig.”

Die Domowina bittet besonders die Hauptamtlichen, aber auch die Ehrenamtlichen, „den Redaktionen mit Zuarbeit von Informationen aus den Regionen noch mehr zur Seite zu stehen.“ Zugleich stellte der Domowina-Vorsitzende fest, dass „der dramatische Rückgang des Niveaus angewandter Schriftsprache in den vergangenen Jahrzehnten ein wichtiger Grund für den Mangel an Bewerbern für Arbeitsplätze ist, für welche genügend gute aktive und passive Kenntnisse der sorbischen Schriftsprachen benötigt werden” – das betrifft auch weitere sorbische Institutionen. Es reicht nicht aus, den Defiziten des Bildungssystems abzuhelfen: „Wir müssen uns bei den Sorben gegenseitig sensibilisieren, dass sprachliche Selbstertüchtigung auch für Muttersprachler eine ständige Herausforderung ist. Gott sei Dank stehen uns dafür inzwischen genügend digitale Helfer auf dem Smartphone zur Verfügung”, so Statnik.

Die Sorben sollten sich auch selbstkritisch damit auseinandersetzen, dass es mit der Integration immer mehr Sorbisch lernender „Neusprecher“ in sorbische Sprachräume bisher hapert: „Wenn wir mit Sorbisch lernenden Menschen nicht sorbischer Herkunft selbstverständlicher Sorbisch sprechen werden, tragen wir zum Wachstum der ,sorbischen Insel’ und des Radius der sorbischen Medien bei – auch hinsichtlich der Rezipienten und künftiger neuer Produzenten sorbischer Texte.”

Die Domowina unterstützt auch die Initiative Sachsens für den Erhalt der Vielfalt der Presse, die der Bundesrat angenommen hat, denn, schreibt Statnik, „gerade in Zeiten des Strukturwandels erkennen wir, welche Bedeutung die unabhängige Presse mit kritischer Distanz und zuverlässigen Informationen im Alltag hat. Neben Rundfunk und Fernsehen ist es eine unverzichtbare Säule einer gebildeten und wissbegierigen Gesellschaft. Demokratie braucht auf allen Ebenen Transparenz, deshalb braucht auch die Lausitz eine professionelle lokale und regionale Berichterstattung.”

Positionspapier:

Domowina unterstützt sorbisches und regionales Pressewesen als Säule einer demokratischen Gesellschaft auch in der Lausitz – besondere Herausforderung bei den Sorben


Die Presse in Deutschland ist besonders auf regionaler Ebene mittel- und langfristig existenziell gefährdet. Deshalb hat der Freistaat Sachsen eine Initiative zum Erhalt der Pressevielfalt erarbeitet, die kürzlich der Bundesrat angenommen hat. Ziel ist es, dass die Bundesregierung so schnell wie möglich gezielt Fördermaßnahmen entwickelt, damit Zeitungen weiter flächendeckend erscheinen  https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/1054549 . Die Domowina unterstützt diese Initiative – gerade in Zeiten des Strukturwandels erkennen wir, welche Bedeutung eine unabhängige Presse mit kritischer Distanz und verlässlichen Informationen im Alltag hat. Neben Rundfunk und Fernsehen ist sie eine unverzichtbare Säule einer gebildeten und wissbegierigen Gesellschaft. Demokratie braucht auf allen Ebenen Transparenz, deshalb braucht auch die Lausitz professionelle lokale und regionale Berichterstattung.

Die sorbische Presse wie Serbske Nowiny (SN) in der Ober- und Nowy Casnik (NC) in der Niederlausitz hat Anteil an allen aktuellen Herausforderungen der Kolleginnen und Kollegen deutscher Medien. Zugleich plagt die sorbischen Redaktionen zunehmender Personalmangel. Wie die Ausschüsse der Domowina für innere Demokratie / sorbische Zivilgesellschaft und für Öffentlichkeits- und Auslandsarbeit in gemeinsamer Beratung feststellten, wird es immer schwieriger, Arbeitsplätze in sorbischen Institutionen zu besetzen. Die Ausschüsse empfehlen, potenzielle Interessenten direkt anzusprechen und über sorbische Arbeitsplätze besser zu informieren – das ist zugleich ein Aufruf an uns alle, als „Headhunter“ in sorbischen Angelegenheiten zu wirken und auf die Attraktivität der Arbeitsplätze hinzuweisen, wo eine Sorbin / ein Sorbe tagsüber in ihrer Muttersprache leben kann, das gilt auch für die Arbeit in den sorbischen Redaktionen:
https://www.domowina.de/hsb/medijowy-wobluk/blog/wuberkaj-domowiny-wo-zdobywanju-dorosta-za-serbske-institucije-wuradzowaloj-ludzi-wosobinsce-narecec-a-lepje-informowac-2016

Wir stellen fest, dass sich die Situation in den Redaktionen  von NC und SN mehr verschärft hat als in anderen sorbischen Institutionen. Darauf hat neulich der Geschäftsführer des sorbischen Verlags, Simon Peter Ziesch, in einer Mail an alle sorbischen Institutionen hingewiesen. Schon vorher haben sich die Geschäftsführerin der Domowina, Judit Šołćina/Scholze und der Geschäftsführer des sorbischen Verlags intensiv über die aktuelle Situation ausgetauscht. Die Domowina und der sorbische Verlag sind sich einig, dass das schnelle Nachholen des Tarifes für sorbische Journalisten, der den Maßstäben für diesen Beruf in Deutschland entspricht, dringend notwendig ist. Der Dachverband begrüßt die Initiativen des Verlagsgeschäftsführers und nimmt erste Schritte des Stiftungsrates zur Tarifanpassung mit Zustimmung zur Kenntnis. Zugleich ist allen klar, dass das nur der Anfang sein kann. Die Geschäftsführerin der Domowina hat alle Angestellten des Dachverbandes gebeten, gerade in der aktuellen Krise den Redaktionen mit der Zuarbeit von Informationen aus den Regionen noch mehr zur Seite zu stehen.

Fakt ist aber, dass der dramatische Rückgang der Niveau angewandter sorbischer Schriftsprache in den vergangenen Jahrzehnten ein wichtiger Grund für den Mangel an Bewerbern für Arbeitsplätze ist, für die ausreichend gute aktive und passive Kenntnisse des Schriftsprachen benötigt wird. Domowina und Sorbischer Schulverein (SSV) laden unter dem Motto „Wir müssen sprechen!“ zur Bildungskonferenz für Eltern, Erzieherinnen / Erzieher, Leitungen und Träger der Kindertageseinrichtungen am 13. Oktober im Bildungsgut Schmochtitz/Smochćicy St. Benno ein, um mit konsequenterer Sprach-Immersion im Bildungssystem künftig wieder das notwendige höhere Niveau zu erreichen. Derzeit – darauf hat der Domowina-Vorsitzende anlässlich 75 Jahren  Sorbisches Gymnasium in Bautzen/Budyšin hingewiesen und wird das auch beim Beginn des Semesters der Sorabistik in Leipzig thematisieren – müssen wir uns unter den Sorben gegenseitig sensibilisieren, dass die sprachliche Selbstertüchtigung auch für Muttersprachler eine ständige Herausforderung ist. Gott sei Dank stehen uns dafür inzwischen genügend digitale Helfer auf dem Smartphone zur Verfügung.

Erfreulich ist auch die steigende Zahl der „Neusprecher“ und das immer größere Interesse Erwachsener in allen Regionen der Lausitz für Sorbischkurse. Mit ihrer Integration in sorbische Sprachräume hapert es bisher, wie auch wissenschaftliche Forschungen gezeigt haben. Wenn wir mit Sorbisch lernenden Menschen nicht sorbischer Herkunft selbstverständlicher Sorbisch sprechen werden, tragen wir zum Wachstum der „sorbischen Insel“ und des Radius der sorbischen Medien bei – auch hinsichtlich der Rezipienten und künftigen neuen Produzenten sorbischer Texte.

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