Aktiv für die sorbische/wendische Zukunft

Der Domowina-Regionalverband Niederlausitz e. V. wurde am 31. Mai 1991 gegründet und arbeitet seitdem als selbstständiger eingetragener Verein. Seine Wurzeln hat er in den früheren Gebiets- bzw. Kreisverbänden der Domowina in Cottbus (Chóśebuz, gegründet 1949/50), Guben/Forst (Gubin/Baršć, 1954), Calau/Lübben (Kalawa/Lubin, 1955) und Spremberg (Grodk, 1956). Den Wunsch, sich zu organisieren, gab es unter den Sorben/Wenden in der Niederlausitz aber schon viel eher. Einige von ihnen gehörten 1912 zu den Gründungsmitgliedern der Domowina in Hoyerswerda.

Mit etwa 2000 Mitgliedern in mehr als 35 Domowina-Ortsgruppen und ca. 19 Vereinen versteht sich der Regionalverband Niederlausitz selbst als Dachverband unter dem großen Dach der Domowina − Bund Lausitzer Sorben. Die Vielfalt seiner Mitgliedsgruppen reicht dabei von den wendischen/sorbischen Spreewaldfischern über Ensembles und Fördervereine von Museen bis hin zu vielen Heimat-, Trachten- und Traditionsvereinen. Besonders erfreulich ist die große Zahl der Domowina-Jugendgruppen. Sie erhalten Unterstützung vom Jugendkoordinator, der mit finanzieller Förderung mehrerer kommunaler und staatlicher Einrichtungen beim Regionalverband angestellt werden konnte.

Seinen Sitz hat der Domowina-Regionalverband gemeinsam mit weiteren sorbischen/wendischen Institutionen im Serbski dom/Wendischen Haus in Cottbus. Es bildet seit 1990 das kulturelle und politische Zentrum der Sorben/Wenden in der Niederlausitz. Anspruch des mitgliederstärksten Domowina-Regionalverbands ist es, die nationale Identität mit der Förderung von Sprache und Kultur zu stärken. Das gilt für die niedersorbische[1] Sprache ebenso wie für die sorbischen/wendischen Bräuche und Traditionen. Unverzichtbar ist in diesem Prozess die Umsetzung und Anwendung der gesetzlich verankerten Minderheitenrechte in Brandenburg, die immer wieder eingefordert und beachtet werden müssen. Die Dorfjugend und viele weitere Vereine sind bei der Pflege der überwiegend landwirtschaftlich geprägten Bräuche wie beispielsweise Zapust (Fastnacht), Jańske rejtowanje (Johannisreiten) oder Kokot (Hahnrupfen, Hahnschlagen) überaus aktiv. Mit solchen Veranstaltungen gelingt es, die Jugend wieder für sorbische/wendische Themen zu begeistern. Der Domowina-Regionalverband engagiert sich außerdem für den Erhalt des einzigartigen Liedguts der Region und der weit über die Niederlausitz hinaus bekannten sorbischen/wendischen Tracht, die 2013 als „Deutschlands Tracht des Jahres“ ausgezeichnet wurde. Zukunftsweisende Projekte wie die sprachwissenschaftlichen Forschungen des Sorbischen Instituts und die Entwicklung einer die nationalen Traditionen aufgreifenden jungen Mode unter dem Titel „serbski modern“ werden vom Regionalverband unterstützt.

Ein Schwerpunkt ist die zweisprachige Bildung mit dem Witaj-Projekt in Kindertagesstätten, Horten und Schulen. Dank der intensiven Arbeit vor allem der Muttersprachler, die am Erziehungsprozess in den Kindertagesstätten mitwirken, von Lehrerinnen und Lehrern und nicht zuletzt vieler Eltern und Großeltern mit den Eltern verfügt der Sorbisch-/Wendischunterricht über ein gutes Fundament.

Bis heute wirken sich in der Niederlausitz die bis ins 20. Jahrhundert anhaltenden massiven staatlichen, kirchlichen und gesellschaftlichen Maßnahmen zur Germanisierung aus. Sie beeinflussten insbesondere das Sprachverhalten und führten bei vielen Menschen dazu, dass sie nur noch selten sorbisch/wendisch sprachen, was wiederum das nationale Selbstbewusstsein beeinträchtigte. Die Folgen sind bis heute spürbar: Das Niedersorbische zählt inzwischen zu den am stärksten gefährdeten Sprachen in Europa. Verschärft wird die Situation durch die Abbaggerung von Dörfern für die Braunkohlegewinnung im angestammten Siedlungsgebiet des sorbischen Volkes. Die arbeitsbedingte Abwanderung vor allem junger Leute über Jahre hinweg sowie die demografische Entwicklung in der Region beschleunigen diesen Prozess. Da vor allem die Jugend Trägerin des dörflichen Brauchtums ist und nur sie die Sprache der nächsten Generation weitergeben kann, intensiviert der Regionalverband seine Aktivitäten im Bereich der Jugendarbeit und Sprachpflege.

Der Domowina-Regionalverband Niederlausitz organisiert und unterstützt viele kulturelle Veranstaltungen von Musik über Theater bis zu Dorffesten. Die machen nicht nur Spaß, sondern ermutigen und stärken das Selbstbewusstsein der nationalen Minderheit.

 Alle, die sich für die gemeinsame sorbische/wendische Zukunft in der Niederlausitz engagieren wollen, sind im Domowina-Regionalverband Niederlausitz e. V. sowie in seinen Mitgliedsvereinen herzlich willkommen.

Constanze Knappe


[1] Synonyme: niedersorbisch, sorbisch/wendisch