Förderkreis für sorbische Volkskultur e.V.

Tradition behutsam weiterentwickeln

Mit dem 60. Wettbewerb um das „Schönste sorbische Osterei“ 2013 setzte der Förderkreis eine lange Tradition fort. Immer gut besucht sind außerdem die Ostereiermärkte im Haus der Sorben in Bautzen/Budyšin. Mehr als zwanzig fanden bereits statt. Mancher Gast von weither erwirbt nicht nur ein beliebtes sorbisches Mitbringsel für Zuhause, er kommt dabei mitunter auch zum ersten Mal überhaupt in Berührung mit den Sorben und ihrer Kultur. Bei der Ausstellung zum Wettbewerb wie auch auf den Märkten präsentieren sorbische Volkskünstler die in den speziellen Techniken verzierten Ostereier als kleine Kunstwerke. Vor und während der Osterzeit kann man ihnen in Museen in und außerhalb der Lausitz beim Verzieren zuschauen. Gern geben die Künstler dabei Auskunft über die Traditionen der Sorben.

Weniger bekannt, aber nicht minder interessant sind die anderen Projekte des Förderkreises wie die Malerei-, Keramik- und Holzwerkstätten. Sie widmen sich immer einem sorbischen Thema und finden selbstverständlich im sorbischen Siedlungsgebiet statt. Die Werkstätten werden von professionellen Künstlern geleitet und stehen nicht nur Vereinsmitgliedern und auch nicht nur den Sorben offen. Bei sorbischen Motiven wie etwa dem Zauberer Krabat, den Lutkis (Zwerge) oder anderen sorbischen Sagenfiguren holen sich die Volkskünstler der jährlich stattfindenden Keramikwerkstatt Anregungen. Lebendige und Truhentrachten, also solche, die nicht mehr getragen werden, aus der jeweiligen Region dienen in den Malwerkstätten als Motive – in der Niederlausitz häufig in Kombination mit Architektur oder dem Thema Bergbau und Kohle, in der Oberlausitz oft in Verbindung mit Naturthemen. Alle Projekte folgen dem Anspruch, die sorbische Volkskultur weiterzuentwickeln.

Bis heute gehen vor allem betagte Frauen in der Lausitz der Trachtenstickerei als Hobby nach. Vom ursprünglichen Ziel, in einer Arbeitsgemeinschaft am Sorbischen Gymnasium Bautzen Mädchen beim Fertigen von Perlennetzen und Besticken von Schultertüchern anzuleiten, ist der Förderkreis abgekommen. Der Zuspruch war zu gering. Egal, ob sorbische Ostereier oder Trachtenstickerei – für viele sorbische Jugendliche ist diese Form der Freizeitbeschäftigung wohl zu arbeitsintensiv und zeitaufwendig.

Dafür erfreut sich der Trachtenzirkel des Förderkreises bei jungen, auch berufstätigen Frauen und Müttern zunehmender Beliebtheit. Sie lernen von der Pike auf, wie man Muster entwirft und diese auf Trachtenteilen umsetzt oder wie man die Schleife für die Pferde der Osterreiter bestickt. Selbstgestaltetes wird mehr geschätzt, es fördert den Stolz auf die eigene Nationalität und man bekommt einen anderen Blick auf Trachten und Bräuche. Schultertücher, Hauben, Kinnschleifen, Rockbänder – das alles ist Handarbeit. Um sich darüber auszutauschen, gibt es regelmäßige Treffs der ober- und niedersorbischen Stickerinnen. Die Begegnung ist wichtig für die Trachtenkunde. Sie stärkt darüber hinaus das Selbstbewusstsein der Frauen, entweder überhaupt oder aber vollständig (also mit Haube) die Tracht zu tragen.

Von 2000 bis 2005 wurde mit staatlicher Förderung beim Verein eine Stelle finanziert. Damit konnten wesentlich mehr Projekte organisiert und die Ausstrahlung der sorbischen Volkskultur erhöht werden. Die Befürchtung, dass mit Ende dieser Zuschüsse Umfang und Niveau der damaligen Vereinsarbeit nicht aufrechtzuerhalten sind, hat sich leider bewahrheitet. Auf der Strecke geblieben ist beispielsweise die statistische Aufarbeitung von Wettbewerbsergebnissen. Eine solche Datensammlung wäre für die wissenschaftliche Analyse von Erhalt und Weiterentwicklung der sorbischen Volkskultur eine gute Grundlage.

Regelmäßige Ausstellungen der einzelnen Sparten, unter anderem zweimal jährlich im Haus der Sorben in Bautzen, geben Einblick in das Schaffen sorbischer Volkskünstler. Sie machen das breite Spektrum öffentlich bekannt und unterstützen die Diskussion darüber. Dem Jubiläum der Domowina 2012 war eine große Gesamtausstellung mit Bildern, Keramiken, Holzarbeiten und Ostereiern im Haus der Sorben gewidmet. Teile davon wurden anschließend im brandenburgischen Landtag in Potsdam gezeigt. Zum ersten Mal überhaupt.

Seine Wurzeln hat der Förderkreis im Haus für sorbische Volkskultur in Bautzen. Zu DDR-Zeiten wurden dort sogar Chöre und Theatergruppen betreut. Wegen der strukturellen Veränderungen in der Zeit der politischen Wende schien die Gründung eines eigenständigen Vereins für sorbische Volkskultur der beste Weg, um künstlerische Aktivitäten in Projektarbeit fortsetzen zu können. Am 28. März 1991 wurde der Verein gegründet. Ihm gehören 34 Volkskünstler der Ober-, Mittel- und Niederlausitz an. Seit 2001 ist der Förderkreis Mitglied der Domowina, um die Außenwirkung über die Lausitz hinaus zu erhöhen und Projekte zu fördern. Der Dachverband übernimmt Verwaltungsaufgaben des Vereins, damit dem Förderkreis mehr Zeit für seine eigentlichen Anliegen bleibt.

Constanze Knappe